Votivtafel und politische Lage um 1800

1789 Beginn der französischen Revolution. Bayern liegt zwischen den  europäischen Mächten:
Frankreich im Westen, Österreich im Süden und Osten und Preußen im Norden.
Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz regiert in Bayern und verbündet sich widerwillig mit Österreich. Als französische Truppen ganz Süddeutschland überrennen, flüchtet der Kurfürst nach Sachsen und schickt General Moreau. Dieser erkauft sich einen Waffenstillstand. 1797 schließt General Napoleon Bonaparte einen Friedensvertrag. Karl Theodor schloss ein neues Bündnis mit Wien und stirbt 1799 durch einen Schlaganfall beim Kartenspiel. Als sein Nachfolger kam der neue Kurfürst Max Josef nach München, der in seiner Jugend im französischen Heer gedient  und in Paris und Straßburg seine glücklichste Zeit erlebt hatte. Der französische Graf Montgelas tritt in seine Dienste und wird Staatsminister. Bayern mußte sich wegen des Bündnisses mit Österreich an der Schlacht am 3. Dezember 1800 in Hohenlinden beteiligen, die aber verloren wurde.

Die große Votivtafel schildert die Ereignisse im Winter 1800 

Französische Armee und Söldnertruppen durchstreifen Südbayern, rauben, plündern und brandschatzen in Dörfern, Kirchen und Klöstern. Die Landbevölkerung flüchtet und versteckt sich mit Vieh und wenigen Habseligkeiten in den Wäldern. In Stöttham verstecken sich die Bewohner vermutlich in der Kirche.  In den nördlichen Orten Weidach und Fehling brennen bereits die Bauernhöfe. Versprengte Truppenteile marschieren oder reiten von Ort zu Ort. Vor der gotischen Vorgängerkirche im Oberdorf von Chieming steht ein Offizier vor dem Eingang und bereichert sich vermutlich an der Kirchenausstattung.  Vor dem Schloss sehen wir Pfarrer Israel Braun, wie er mit einem  berittenen Offizier verhandelt, um seine Gemeinde  vor den Übergriffen auf seine Pfarrei zu bewahren. Er wird aber so malträtiert, dass er an den Folgen stirbt.

Da die Einheimischen unter Anbetung verschiedener Heiligen, Florian, Leonhard, Maria usw., einigermaßen glimpflich davongekommen sind, wurde diese Tafel aus Dankbarkeit für ihre Errettung gestiftet.  

Eine Erinnerungstafel an den Pfarrer Israel Braun an der Friedhofsmauer ist wieder instand gesetzt worden, um diesen Mann in der Erinnerung zu behalten. 

Der Originaltext auf der Tafel:

Anno 1800 hat sich die hiesige Pfarrgemeinde zu unserer lieben Frau und dem heiligen Leonhard mit einem Hochamt, Prozession, zwei Kerzen und einem gewissen Opfer zum Gotteshaus verlobt; sie dankt der allerheiligsten Dreifaltigkeit, der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, dem heiligen Johannes dem Täufer, dem heiligen Florian, dem hl. Sebastian und hl. Leonhard: 1. dass die von dem feindlichen Einfall der Franzosen, der am 12. Dezember 1800 geschehen, vor Feuergefahr, welche so drohend war, dass man unmöglich glaubte, der Einäscherung entkommen zu können, glücklich bewahrt wurde. 2. dass sie in dem sich fast alle Leute, auch sogar Kinderbetterinnen, bei der rauen Winterszeit in Wäldern und verborgenen Orten aufhalten müssen, und zwar mit größtem Hunger und Durst, durch Anrufung aller Heiliger glücklich erhalten und gesund wieder in ihr Eigentum haben einziehen können, wo sie nun in Ruhe ihr Brot genießen. 3. daß sie von den grassierenden Krankheiten, welche beinahe alle Dörfer ihrer Pfarrei schon angesteckt, glücklich verschont worden waren. 4. daß sie von der so nahen und gefährlichen Viehseuche, wo sich ihr Vieh auf der Weide unter anderem Vieh aufgehalten, und in den benachbarten Dorfschaften schon fast alles Vieh gefallen, dennoch durch Fürbitt von Maria und des hl. Leonhard glücklich verschont worden. Zur Danksagung für die Abwendung ernannter Übel und neuen Bitt ferners von dergleichen bewahrt zu werden und in der christkatholischen Religion erhalten zu werden und dort einst die ewige Ruhe zu genießen, haben sich die Gemeinden Stöttham, Schützing und Weidach vorgenommen, jährlich einen Kreuzgang von St. Johanns Gotteshaus Stöttham aus zu unserer lieben Frau nach Chieming zu verrichten. Dort wird ein Bitt- und Dankamt für die ganze Pfarrgemeinde und nach selben die Prozession um die Felder gehalten. Dieser Kreuzgang bleibt festgesetzt allzeit am Feste Maria Heimsuchung und das Opfer an Kerzen wird hergeschafft. Ex Voto hat ernannte Gemeinde Chieming diese Tafel errichten lassen 1801. Alles zur größten Ehre der seligsten Jungfrau  Mutter Gottes.